Explainable AI: Warum erklärbare KI essenziell für die Zukunft ist

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illustrative Grafik: 4 Menschen in einem Meeting am Brainstorming

Erklärbare KI (oder Explainable AI, XAI) ist ein zentraler Hebel für verantwortungsvolle und vertrauenswürdige künstliche Intelligenz. Sie schafft Verständnis, unterstützt regulatorische Anforderungen und hilft, Risiken frühzeitig zu erkennen – besonders bei Anwendungen mit hohem Risiko gemäß dem EU AI Act.

KI trifft heute Entscheidungen mit realen Auswirkungen – in der Kreditvergabe, medizinischen Diagnostik oder automatisierten Bewerbungsauswahl. Doch viele Nutzer*innen bleiben skeptisch: Laut einer Studie1 erwarten 83 % der Befragten Vorteile durch KI, aber nur 46 % vertrauen den Systemen. 70 % sprechen sich für stärkere Regulierung aus – ein klares Signal, dass Transparenz und Erklärbarkeit über Erfolg und Akzeptanz mitentscheiden.

In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, warum erklärbare KI nicht nur ein technisches Feature, sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor für Vertrauen und Akzeptanz ist. Sie erfahren, wie Transparenz regulatorische Anforderungen erfüllt, Risiken minimiert – und warum das besonders im Kontext des EU AI Act unverzichtbar wird.

Erklärbarkeit schafft Verantwortung

Erklärbare KI bedeutet, dass die Entscheidungswege von Algorithmen für Menschen nachvollziehbar und verständlich werden. Das ist essenziell, um: 

  • Vertrauen bei Anwender*innen, Kund*innen und Partnerunternehmen zu schaffen
  • Transparenz über die Funktionsweise und Einflussfaktoren von KI-Modellen herzustellen

  • Verantwortung zu übernehmen, indem Fehlerquellen erkannt und adressiert werden können

  • Fairness und Diskriminierungsfreiheit zu prüfen – ein zentraler Aspekt beim Schutz von Grundrechten, wie sie der EU AI Act betont

Insbesondere in sensiblen Bereichen wie dem Finanzwesen oder der Medizin, in denen personenbezogene Daten bearbeitet werden, kann Erklärbarkeit dabei helfen, potenzielle Diskriminierungen aufzudecken oder Entscheidungen im Streitfall nachvollziehbar zu machen.

Dies ist zwar nicht explizit gesetzlich vorgeschrieben, kann aber dennoch von Vorteil sein. Denn Systeme mit erklärbarer KI erzielen höhere Akzeptanz und verbessern die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine2.

Anforderungen aus dem EU AI Act: Was wirklich zählt

Die KI-Verordnung der EU (“EU AI Act”) verfolgt einen risikobasierten Ansatz und stellt den Schutz von Grundrechten in den Mittelpunkt. Transparenz und Dokumentation sind nicht pauschal vorgeschrieben, sondern abhängig vom Risikolevel der Anwendung:

  • Für Hochrisiko-KI-Systeme (z. B. im Personalwesen, Kreditwesen oder in sicherheitskritischen Bereichen) gelten laut Artikel 13 strenge Anforderungen an Transparenz, Dokumentation und menschliche Kontrollierbarkeit. Unternehmen müssen darlegen, welche Modelle auf welchen Daten trainiert wurden, woher diese stammen und wie die Systeme entwickelt wurden. Die Einhaltung ist Voraussetzung für Marktzugang und Rechtssicherheit.

  • Für bestimmte Anwendungsfälle, wie Chatbots, biometrische Erkennung oder Deepfakes, gelten nach Artikel 50 spezifische Kennzeichnungs- und Transparenzpflichten.

  • Wichtig: Eine ausdrückliche Verpflichtung zur erklärbaren KI oder zur Nachvollziehbarkeit im Sinne von XAI besteht nicht. Unternehmen haben jedoch die Möglichkeit, Methoden einzusetzen, um gesetzliche Anforderungen effizient und nachvollziehbar zu erfüllen – insbesondere bei Hochrisiko-Anwendungen oder wenn im Streitfall oder bei Audits nachvollziehbare Erklärungen gefordert werden.

Denn aktuell fehlt es noch an konkreten Gerichtsurteilen, wie die Anforderungen im Detail auszulegen sind. Wie bei anderen Gesetzen wird sich die rechtliche Praxis erst durch Anwendung und Urteile entwickeln – ähnlich wie sich zum Beispiel bei Mietminderungen in der Vergangenheit Orientierungswerte aus Gerichtsurteilen herausgebildet haben. Es ist daher offen, ob künftig allein die Dokumentation der Entwicklung genügt oder ob Unternehmen einzelfallbezogene Begründungen für Entscheidungen liefern müssen.

Zudem bietet erklärbare KI handfeste betriebliche Vorteile in der Effizienzsteigerung & Ressourcenschonung: Die gesetzlichen Anforderungen erhöhen zunächst den Dokumentationsaufwand. Erklärbare KI kann jedoch helfen, Datenmengen gezielt zu reduzieren, indem sichtbar wird, welche Merkmale für die Entscheidungen des Modells irrelevant sind. Dadurch lassen sich Speicher- und Rechenressourcen einsparen – ein Beitrag zur nachhaltigen KI-Nutzung und effizienteren Systementwicklung.

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Was ist erklärbare KI? - Methoden und Techniken

Erklärbare KI (aus dem Englischen “Explainable AI”) umfasst Methoden, die es ermöglichen, die Entscheidungen und Funktionsweise von KI-Modellen für Menschen verständlich zu machen. Zu den wichtigsten Ansätzen zählen:

  • LIME (Local Interpretable Model-agnostic Explanations): Erklärt einzelne Vorhersagen, indem es die wichtigsten Einflussfaktoren lokal analysiert.
  • SHAP (SHapley Additive exPlanations): Nutzt Konzepte aus der Spieltheorie, um den Beitrag jedes Merkmals zur Modellentscheidung zu quantifizieren.
  • Grad-CAM (Gradient Class Activation Mapping): Nutzt Gradienten im neuronalen Netzwerk, um eine Heatmap zur Darstellung der Wichtigkeit der Merkmale zu erzeugen.
  • LRP (Layer-wise Relevance Propagation): Berechnet Relevanz einzelner Merkmale durch schichtweise Rückwärtsübertragung der Vorhersage durch das neuronale Netzwerk.
  • Counterfactual Explanations: Zeigen, wie sich das Ergebnis ändern würde, wenn einzelne Eingabewerte modifiziert werden.
  • Intrinsisch erklärbare Modelle: Setzen auf transparente Algorithmen wie Entscheidungsbäume oder lineare Modelle, die von Natur aus nachvollziehbar sind.

Neben den Methoden selbst spielt auch die Darstellung der Ergebnisse eine zentrale Rolle. Fortschritte in der Visualisierung von erklärbarer KI machen Erkenntnisse inzwischen auch für Anwender*innen ohne technisches Vorwissen verständlich. Zum Einsatz kommen dabei zum Beispiel:

  • Heatmaps, die Bildklassifikationen und andere bild- und videobasierte Entscheidungen erklären – etwa in der automatisierten Qualitätskontrolle.
  • Balkendiagramme, die die Bedeutung einzelner Merkmale übersichtlich darstellen.
  • Interaktive Dashboards, die nutzerfreundliche Erklärungen des Modellverhaltens ermöglichen.

Auch eine ausgewogene Erklärungstiefe entscheidet über den Erfolg: Präzise Details ermöglichen fundierte Entscheidungen, während verständliche Zusammenfassungen Vertrauen aufbauen.

Praxisbeispiele: Erklärbare KI im Einsatz

Erklärbare KI findet auch bereits heute in verschiedensten Bereichen konkrete Anwendung. Die folgenden Beispiele zeigen, wie Transparenz in KI-Systemen nicht nur Vertrauen schafft, sondern auch die Qualität von Entscheidungen verbessert und regulatorische Anforderungen unterstützt:

  • Medizinische Diagnostik: Eine aktuelle Studie vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ)3 zeigt, dass erklärbare KI nicht nur das diagnostische Vertrauen erhöht, sondern auch die Ausdauer und Genauigkeit von Fachkräften steigert.
  • Kreditvergabe: Erklärbare KI legt offen, welche Faktoren – etwa Einkommen, Kreditverlauf oder Beschäftigungsstatus – die Entscheidung beeinflusst haben. Auch sensible Merkmale wie das Alter lassen sich erkennen und hinsichtlich möglicher Diskriminierung überprüfen. So können Unternehmen transparent agieren und regulatorischen Anforderungen gerecht werden.
  • Preisprognosen: Transparenz darüber, welche Merkmale des Produktes und welche Trends auf dem Markt die Preisentwicklung positiv oder negativ beeinflussen, berät bei der Produktentwicklung und Verkaufsstrategie.
  • Bild- und Textklassifikation: Erklärungen machen sichtbar, warum ein Produktionsfehler bei der visuellen Qualitätskontrolle erkannt oder ein Text als „Beschwerde“ eingestuft wurde.
  • Chatbots & LLMs: Nachvollziehbarkeit, auf welchen Quellen eine Antwort basiert, ist entscheidend für Compliance und das Vertrauen der Nutzenden.

Erfolgsfaktoren und Umsetzung: Qualitätssicherung und Implementierung von erklärbarer KI

Die erfolgreiche Einführung erklärbarer KI erfordert ein strukturiertes Vorgehen, das technische Aspekte mit organisatorischen und menschlichen Faktoren verknüpft. Am Anfang steht eine klare Bestandsaufnahme vorhandener Systeme und Datenquellen, gefolgt von der Definition konkreter Ziele und der Auswahl passender Methoden. In einem geschützten Rahmen – etwa einem Pilotprojekt – werden erste Erfahrungen gesammelt, bevor skalierbare Lösungen implementiert und kontinuierlich optimiert werden.

Qualitätssicherung spielt dabei eine zentrale Rolle: Erklärbare KI macht die Modellgüte transparent und erlaubt gezielte Verbesserungen. Fehlerquellen werden sichtbar, Fairness und Bias lassen sich kontrollieren und adressieren. Metriken wie Genauigkeit, Präzision und Sensitivität werden durch nachvollziehbare Erklärungen ergänzt – das schafft Vertrauen und ermöglicht fundierte Entscheidungen.

Die Umsetzung gelingt besonders dann, wenn interdisziplinäre Teams zusammenarbeiten, agile Methoden genutzt und Mitarbeitende durch Schulungen und Enablement-Angebote einbezogen werden. Erfolgskennzahlen zeigen sich in kürzeren Ausfallzeiten, effizienterer Ressourcennutzung sowie in der steigenden Akzeptanz und Zufriedenheit der Nutzenden.

Eine aktuelle Studie des Fraunhofer IAO4 bestätigt, dass erklärbare KI nicht nur die Absicherung und Zertifizierung von KI-Systemen unterstützt, sondern auch die Akzeptanz und Effizienz in Unternehmen steigert. Erklärbare KI wird so zum strategischen Erfolgsfaktor.

Fazit: Erklärbare KI als strategischer Vorteil

Der EU AI Act schreibt keine allgemeine Erklärbarkeit vor – doch Unternehmen, die heute in erklärbare KI investieren, sichern sich entscheidende Vorteile für morgen. Sie erfüllen Anforderungen aus Artikel 13 und 50 effizienter, erhöhen die Nachvollziehbarkeit bei Hochrisiko-Systemen, schaffen Vertrauen bei Nutzenden und Aufsichtsbehörden und sind besser vorbereitet auf Prüfungen und Audits bei Hochrisiko-Systemen.  

Laut der Studie1 sprechen sich 70 % der Befragten für stärkere Regulierung der KI-Systeme aus. Diese Haltung kann künftig zu strengeren Anforderungen oder einer engeren Auslegung bestehender Vorschriften führen – etwa durch Rechtsprechung oder Aufsichtsbehörden. Es ist offen, ob künftig allein die Dokumentation von Datenquellen ausreicht oder ob einzelne Entscheidungen durch KI auch im Nachhinein nachvollziehbar begründet werden müssen. 

Erklärbare KI wird damit zur Investition in Zukunftssicherheit. Sie macht Verantwortung sichtbar, stärkt Fairness und schützt Grundrechte – ein klarer Hebel für nachhaltiges Wachstum und digitale Souveränität im Zeitalter regulierter KI. 


KI-Gesetz: Was der EU AI Act für Unternehmen bedeutet 

Erklärbare KI 

Erklärbare Künstliche Intelligenz steigert Genauigkeit und Ausdauer von Hautärzten bei der Melanom-Diagnose - Deutsches Krebsforschungszentrum 

XAI – Fortschritte und Herausforderungen in der KI-Erklärbarkeit - Fraunhofer IAO  

FAQ: Häufige Fragen zu erklärbarer KI

Was ist erklärbare künstliche Intelligenz?

Erklärbare künstliche Intelligenz – auch bekannt als Explainable AI oder kurz XAI – bezeichnet KI-Systeme, deren Entscheidungen und Funktionsweise für Menschen verständlich und nachvollziehbar sind. Ziel ist es, transparent zu machen, warum ein Modell eine bestimmte Entscheidung trifft, welche Merkmale dabei ausschlaggebend waren und wie diese Entscheidung beeinflusst werden kann. Erklärbare KI fördert Vertrauen, erleichtert die Einhaltung regulatorischer Anforderungen (z. B. im EU AI Act) und unterstützt Unternehmen dabei, Risiken besser zu steuern.

Welche 4 Arten der KI gibt es?

Künstliche Intelligenz lässt sich in vier Entwicklungsstufen einteilen: reaktive Maschinen (z. B. Schachcomputer, die keine Vergangenheit speichern), begrenztes Gedächtnis (KI-Systeme, die aus Daten lernen können), Theorie des Geistes (zukünftige KI mit sozialem Verständnis) und selbstbewusste KI (hypothetische Systeme mit eigenem Bewusstsein). Erklärbare KI kann auf verschiedenen dieser Stufen ansetzen, um die jeweiligen Entscheidungen transparent zu machen – besonders wichtig bei lernfähigen Systemen mit begrenztem Gedächtnis oder höher.

Was ist der Unterschied zwischen KI und erklärbarer KI?

Der wesentliche Unterschied liegt in der Transparenz: Klassische KI trifft Entscheidungen auf Basis komplexer Modelle, deren Abläufe für Menschen oft nicht mehr nachvollziehbar sind. Erklärbare KI hingegen nutzt Methoden wie LIME, SHAP oder Entscheidungsbäume, um die Entscheidungsprozesse offenzulegen. Das macht es möglich, die Funktionsweise zu verstehen, zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen – ein entscheidender Vorteil in regulierten oder sicherheitskritischen Anwendungsbereichen.

Warum ist erklärbare KI wichtig für Unternehmen?

Erklärbare KI hilft Unternehmen nicht nur dabei, regulatorische Anforderungen – etwa aus dem EU AI Act – effizient umzusetzen, sondern schafft auch Vertrauen bei Kunden, Mitarbeitenden und Aufsichtsbehörden. Sie erleichtert interne Audits, reduziert Compliance-Risiken und verbessert die Qualität von Entscheidungen. Zudem lassen sich durch mehr Transparenz auch technische Ressourcen besser steuern, etwa durch gezielte Datenreduktion, die Speicher- und Rechenaufwand spart.

Wie kann man erklärbare KI in der Praxis umsetzen?

Die Umsetzung von erklärbarer KI beginnt mit der Auswahl geeigneter Modelle und Erklärverfahren. Unternehmen sollten zunächst klären, welche Entscheidungen erklärbar gemacht werden müssen, welche Stakeholder die Erklärungen verstehen sollen und welche regulatorischen Anforderungen bestehen. Methoden wie SHAP oder Counterfactual Explanations können dann in bestehende KI-Systeme integriert werden. Wichtig ist dabei auch die visuelle Aufbereitung der Ergebnisse, z. B. durch Heatmaps oder interaktive Dashboards, um Nutzende ohne technisches Vorwissen einzubeziehen.

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